Energieleitbild und -strategie der Gemeinde Worb

Das Energieleitbild und die Energiestrategie der Gemeinde Worb aus dem Jahr 2015 mit ihren Leit- und Grundsätzen dient als behördenverbindliche Richtschnur für kommunale Entscheidungen. 

Einleitung

Energiestrategie 2050 des Bundes
Am 25. Mai 2011 beschloss der Bundesrat, auf neue Kernkraftwerke zu verzichten. National- und Ständerat bestätigten die Energiewende. Die Energiestrategie des Bundesrates sieht vor, bis 2050 eine 2‘000-Watt- und eine 1-1.5-Tonnen CO2-Gesellschaft anzustreben. Für die Umsetzung der Strategie setzt die Regierung bis 2020 auf Förderung, nach 2020 auf Lenkung.

Energiestrategie 2006 des Kantons Bern
Die kantonale Energiestrategie von 2006 definiert hohe Ziele für den Kanton Bern und strebt – auf dem Weg zur 2'000-Watt-Gesellschaft – bis ins Jahr 2035 eine 4'000-Watt-Gesellschaft an.

Gesetz und Verordnung setzen einen Akzent auf die sparsame und effiziente Energienutzung im Gebäudebereich und auf den Einsatz erneuerbarer Energien. Den Gemeinden wird weitergehende Autonomie bei Energiebestimmungen ermöglicht.

  • Ein Energierichtplan ist für eine Vielzahl von Gemeinden, so auch für Worb, Pflicht.
  • Die Vorbildfunktion der Gemeinde beim Bau eigener Anlagen und Bauten ist auf Gesetzesebene festgehalten.
  • Eine Verschärfung der Energiebestimmungen in der baurechtlichen Planungsordnung ist über das Energiegesetz von den Gemeinden erwünscht.

In der kantonalen Energieverordnung sind die Anforderungen an die Wärmedämmung der Gebäude deutlich verschärft worden.

Energiestrategie Gemeinde Worb
Die Energiestrategie von Worb mit ihren Leit- und Grundsätzen dient als behördenverbindliche Richtschnur für kommunale Entscheidungen. Nebst den Grundleitsätzen sind weitere Leit- und Grundsätze analog den sechs Bereichen von Energiestadt strukturiert. In der Strategie werden nebst qualitativen Massstäben auch quantitative Massstäbe gesetzt, um eine Überprüfbarkeit zu gewährleisten.

Leitsätze

  • Die Gemeinde ist Vorbild in umweltverträglicher Energienutzung.
  • Worb orientiert sich an den Zielen der kantonalen Energiestrategie und beschreitet den Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft.
  • Die Umsetzung der kommunalen Energiestrategie erfolgt kontinuierlich und konsequent, basierend auf einem langfristig ausgelegten Massnahmenpaket.
  • Worb bleibt Energiestadt.
  • Unsere Energiemassnahmen sind nachhaltig und lohnen sich mittel- bis langfristig.

Grundsätze für die sechs Bereiche von Energiestadt

Grundsatz der Entwicklungsplanung / Raumordnung

Wir planen nachhaltig und setzen auf regionale Wertschöpfung.

  • Die Gemeinde Worb besitzt als energierelevante Gemeinde einen Energierichtplan (RPE) nach kantonalen Richtlinien. Siedlungs- und Raumplanung werden mit dem RPE in Einklang gebracht.
  • Das Baureglement enthält Vorschriften für umweltfreundliches Bauen und eine nachhaltige sowie effiziente Energienutzung. Bei Zonen mit Planungspflicht sowie Überbauungsordnungen wird diesem Aspekt besonders Rechnung getragen.
  • Beim Verkauf von gemeindeeigenem Land oder bei Abgabe im Baurecht werden ökologische und energetische Ziele vorgegeben.
  • Wettbewerbe und Ausschreibungen enthalten verbindliche Energiebestimmungen.

Grundsatz der Versorgung und Entsorgung

Wir verstärken den Einsatz erneuerbarer Energien.

  • Die Gemeinde Worb strebt eine optimale Nutzung der lokal vorhandenen, erneuerbaren Energien im Rahmen des RPE an.
  • Von 2012 bis zum Zwischenziel 2025:
    • erhöht sich der Anteil Wärme aus erneuerbarer Energie von 16 % auf 30 %.
    • wird der Gesamtstrombedarf um 7 % reduziert.
    • erhöht sich der Anteil Strom aus erneuerbarer Energie von 37 % auf 50 %.
  • Der Ausbau von Wärmeverbunden und zentralen Heizkraftwerken mit erneuerbarer Energie sowie von Contractings wird gefördert.
  • Die Gemeinde macht auf die nachhaltigen Stromprodukte der Energieversorgungsunternehmen (EVU) aufmerksam und sensibilisiert die Nutzer für den vermehrten Bezug von Ökostrom auf dem Gemeindegebiet.
  • Energieeffizienz auf dem gesamten Gemeindegebiet, so auch bei der Wasser- und Ab-wasserversorgung, steht im Vordergrund.
  • In der gesamten Versorgung und Entsorgung werden Synergien mit Nachbargemeinden gesucht.

Grundsatz bei kommunalen Gebäude und Anlagen

Wir nehmen unsere Vorbildfunktion wahr.

  • Für alle gemeindeeigenen Bauten wird eine Energiebuchhaltung (Wärme, Strom und Wasser) geführt und mindestens jährlich aktualisiert.
  • Der Energieverbrauch in Gemeindebauten für Wärme und Strom wird bis 2025 gegenüber 2013 um mindestens 10 % gesenkt.
  • Von 2013 bis zum Zwischenziel 2025 erhöht sich der Anteil:
    • Wärme aus erneuerbarer Energie von 13 % auf 35 %.
    • Strom aus erneuerbarer Energie von 37 % auf 60 %.
  • Für Solarprojekte stellt die Gemeinde eigene Dachflächen zur Verfügung.
  • Die Gemeinde baut und saniert nachhaltig: Für die gemeindeeigenen Bauten werden bis 2025 auf der Basis von ausgewiesenen Energieklassifizierungen wie z.B. dem GEAK-Plus energetische Sanierungskonzepte erstellt, die in die laufende Investitionsplanung einfliessen und umgesetzt werden.
  • Bei Sanierungen sind Minergie-Module anzustreben. Ziel ist es, dass bis 2025 ein hoher Anteil (mindestens 50 %) der beheizten Fläche und der Gebäudetechnik umfassend erneuert wird. Dies kann mit einer Energieetikette wie dem GEAK oder einem gleichwertigen System ausgewiesen werden. Das angestrebte Ziel entspricht den GEAK Klassen A-C.

Grundsatz für die interne Organisation

Wir stehen ein für die Umsetzung.

  • Die Gemeinde Worb koordiniert und optimiert die Abläufe für die Umsetzung von Energiemassnahmen.
  • Mitarbeitende werden im Bereich Energie mittels Anreizsystem sensibilisiert und verhalten sich ressourcensparend.
  • Ökologische und nachhaltige Kriterien spielen bei der Beschaffung und beim Betrieb eine Rolle.
  • Die Umsetzung und der Erfolg der festgelegten Massnahmen werden jährlich kontrolliert und nach aussen ausgewiesen.

Grundsatz für die Mobilität

Wir setzen auf umweltfreundliche Mobilität.

  • Die Gemeindeverwaltung strebt ein umweltfreundliches Mobilitätsverhalten an.
  • Mit einer Parkraumbewirtschaftung wird umweltfreundliches Verkehrsverhalten in der Gemeinde gefördert. Auf ein ausgewogenes Parkplatzangebot wird geachtet.
  • Weitere Niedriggeschwindigkeitszonen werden geprüft und dort eingesetzt, wo es sinnvoll ist. Die Wirkung dieser wird kontrolliert.
  • Die Gemeinde setzt sich für ein möglichst sicheres und attraktives Fuss- und Radwegnetz ein. Beim Radwegnetz wird insbesondere der Pendlerverkehr mit der Stadt Bern gefördert.
  • Die Gemeinde setzt sich für den Erhalt des ÖV-Angebots und dessen Optimierung ein.
  • Die Bevölkerung und insbesondere Firmen und die Eltern von Schülerinnen und Schülern werden durch Informationen für ein umweltfreundliches Mobilitätsverhalten sensibilisiert, motiviert und unterstützt.

Grundsatz für die Kommunikation / Kooperation

Wir informieren, beraten und unterstützen.

  • Die Gemeinde kommuniziert regelmässig über ihre Energie- und Umweltpolitik. Auf vorhandene Angebote und Möglichkeiten wird hingewiesen mit mindestens einem Artikel pro Quartal in der Lokalpresse sowie einer Aktivität / einem Anlass pro Jahr. Die Gemeinde greift in der Kommunikation neben Energie- und Umweltthemen auch Aspekte eines nachhaltigen Lebensstils auf.
  • Die Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden und Interessengruppen wird gesucht. Entstehende Synergien werden genutzt.
  • Die Gemeinde und die regionale Energieberatung treten verstärkt nach aussen hin auf. Bauherren werden motiviert, die Energieberatung durch die Region Bern-Mittelland wahrzunehmen und energetisch vorbildlich zu bauen.

Erläuterungen zur Umsetzung der kommunalen Energiestrategie

Energiestadt
Mit dem Energiestadtkatalog und dem vereinbarten 4-Jahresprogramm verstärkt die Gemeinde Worb systematisch ihre kommunale Energiepolitik. Durch das Label Energiestadt, welches die Gemeinde seit 2005 inne hat, verfügt die Gemeinde über einen Massnahmenkatalog, der im Rahmen von Re-Audits alle vier Jahre überprüft und die Umsetzung von Massnahmen bewertet wird. Zudem finden jährlich Beratungsgespräche statt, um eine möglichst sinnvolle Umsetzung der Instrumente zu gewährleisten. Der Energiestadtkatalog hilft der Gemeinde, die richtigen Akzente in der Umsetzung festzulegen.

Kommunaler Energierichtplan
Worb gehört zu den energierelevanten Gemeinden und muss im Rahmen des Energiegesetzes bis 2021 einen Energierichtplan (RPE) erarbeiten. Der kommunale Richtplan behandelt die Energieversorgung und –nutzung aller Gebäude und Anlagen auf dem Gemeindegebiet. Der Richtplan setzt die Leitplanken für die zukünftige Deckung des Wärmebedarfs und des Elektrizitätsverbrauchs im Hinblick auf die Zielsetzungen von Kanton und Gemeinde. Die Raumentwicklung und die Energieversorgung werden aufeinander abgestimmt, die Energieeffizienz erhöht und erneuerbare Energieträger priorisiert. Mit dem Massnahmenpaket des kommunalen Energierichtplans wird eine entsprechende Umsetzung in die Wege geleitet.

Baurechtliche Grundordnung
Im Rahmen der Ortsplanungsrevision hat die Gemeinde zudem die Möglichkeit, einen Teil der Massnahmen aus dem RPE ins Baureglement zu überführen und privatrechtlich verbindlich zu machen.

Das Energiegesetz gesteht den Gemeinden mehr Autonomie in der Einführung von Vorschriften in der Energienutzung zu. Diese Vorschriften betreffen Neubauten oder Umbauten und Umnutzungen, welche die Energienutzung beeinflussen.

Die Gemeinde kann den Anteil nicht erneuerbarer Energie vom zulässigen Wärmebedarf über die kantonalen Vorschriften hinaus weiter begrenzen, die Anschlusspflicht an ein Fernwärmenetz erlassen, einen bestimmten, erneuerbaren Energieträger vorschreiben und einen Nutzungsbonus vorsehen bei der Erfüllung von wesentlich erhöhten Anforderungen. Mit den MuKen 2014 (Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich) werden die Energievorschriften u.a. auch für bestehende Bauten und Anlagen erneut strenger. Eine Überführung ins kantonale Recht ist auf 2017 geplant.

Energiebuchhaltung
Mit der Energiebuchhaltung können die Verbrauchswerte für Wärme, Strom und Wasser jährlich überprüft und aufgrund dessen kurzfristige Massnahmen ergriffen werden. Auch unterstützt die Energiebuchhaltung dabei, die Wirkung von Sanierungsmassnahmen oder das Benutzerverhalten zu beziffern.

Energieetikette für kommunale Gebäude / Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK)
Der Gebäudeenergieausweis der Kantone, kurz GEAK, zeigt anhand einer Klassierung, welche energetische Qualität ein Gebäude aufweist. Er ist vergleichbar mit der Energieetikette für Haushaltsgeräte. Der GEAK bewertet benutzerunabhängig auf zwei Ebenen, einerseits die Effizienz der Gebäudehülle, andererseits die Gesamtenergieeffizienz. Die Gesamtenergieeffizienz berücksichtigt zusätzlich die Haustechnik und die Energieverbräuche für Wärme und Strom.

Ein weiteres Instrument ist der GEAK-Plus. Er beinhaltet nebst der Energieetikette einen detaillierten Beratungsbericht. Im Bericht werden der Ist-Zustand sowie auf die Liegenschaft abgestimmte, detaillierte Massnahmenpakete zur energetischen Verbesserung dargelegt. Das Sanierungskonzept beinhaltet zudem eine Gegenüberstellung des Kosten-/Nutzenverhältnisses.

Energetische Aspekte in die Sanierungsstrategie der kommunalen Gebäude und Anlagen zu integrieren, gehört heute zum Standard und ist massgebend für den gewünschten Werterhalt der Gebäude. Gemäss Energiegesetz haben Gemeinden Gebäude und Anlagen so zu bauen und zu nutzen, dass sie als Vorbilder für die Verwirklichung der kantonalen Energiestrategie dienen. Der GEAK-Plus ist für die meisten Förderungen ein Muss und wird mit der Harmonisierung der Fördermassnahmen ab 2017 noch mehr Gewicht erlangen.